Interieur
Mit Werken von: Fides Becker, Rachel Kohn, Pauline Kraneis, Anja Teske und Ka Bomhardt – Gastkünstlerin aus Berlin
Vernissage: Donnerstag, 25. September, 18 Uhr
Einführung von Dr. Helga Lukoschat und Fides Becker
Ausstellungsgespräch: Donnerstag, 9. Oktober, 19 Uhr;
Moderation: Fides Becker
Beim Ausstellungsgespräch kommen die Künstlerinnen in einen
Dialog miteinander und mit den Gästen zu den ausgestellten
Arbeiten bzgl. der persönlichen Bedeutung von „Interieur“
und ihrer jeweiligen künstlerischen Ausdrucksweise.
Finissage: Sonntag, 26. Oktober, 14 – 18 Uhr
Öffnungszeiten: Donnerstag – Samstag, 16 – 19 Uhr
Interieur bedeutet mehr als nur ein Dach über dem Kopf mit einer Ansammlung von Gebrauchsgütern: Für Innenräume hat jede Kultur in ihrer Weise Einrichtungsgegenstände entwickelt. Vier Mitglieder des Vereins der Berliner Künstlerinnen 1867 und eine Gastkünstlerin ergründen diese oszillierenden, vibrierenden Schwingungen und bringen ihre Betrachtungsweisen jeweils mit unterschiedlichen gestalterischen Mitteln zum Ausdruck.
Der Bezug zum umgebenden Raum stellt sich durch den Standpunkt der Betrachtenden her, der dadurch veränderbar ist, und nicht nur anatomisch, körperhaft, sondern durchaus auch sinnlich und emotional. So entsteht eine bewegte Beziehung zwischen der betrachtenden Subjektivität und den Objekten der räumlichen Gegebenheiten. Den Besuchenden können sich so ihre eigenen, neuen Perspektiven eröffnen.
Zu den Künstlerinnen, die alle in Berlin leben und arbeiten:
Fides Becker dient Malerei als Medium der Untersuchung und der Sichtbarmachung, sie versteht sie als empirische kulturanthropologische Forschung. Dabei wendet sie sich den Spuren vergangener Epochen zu, mich interessiert die geheimnisvolle Spannung von Romantik und Morbidität. Die Motive sind meist industriell produzierte Alltagsgegenstände und Architekturfragmente, die sie aus ihrem eigentlichen Kontext und dem kollektiven Gedächtnis herauslöst und sie in einen neuen, illusionistischen Raumzusammenhang einbindet. Zusätzlich lädt die Malerin sie mit Menschlichen Emotionen, wie Sehnsucht und Begehren, Leidenschaft, Angst und Lust auf – damit reflektiert sie unser Verhältnis zu den Dingen, Bedeutungen, die sich von der reinen Funktion lösen, sodass bisweilen auch ein Fetisch entstehen kann. Den gemalten Objekten verleiht sie etwas Wesenhaftes, eine individuelle Geschichte, eine eigene Identität und manchmal auch eine ambivalente Bedeutung.
Pauline Kraneis untersucht in ihrer zeichnerischen Arbeit das Zusammenspiel von Linie, Fläche und Raum. Sie interessiert sich für die Übergänge zwischen Innen und Außen, reale und mentale Räume sowie die Durchlässigkeit von Grenzen. Architektonische Fragmente, textile Oberflächen und Ausschnitte alltäglicher Umgebungen nutzt sie als Bildträger räumlicher Überlagerungen, die sich zu poetischen Raumvorstellungen verdichten. In der Serie ensuite mit fragmentierten Innenräumen wird das Mobiliar zu einem stillen Bewohner der Bildräume. Die Leerstelle wird zum Akteur, das Weiß des Papiers zur Bühne – und zur Projektionsfläche für Erinnerung, neue Räume und Perspektiven.
Rachel Kohn reflektiert mit ihren Tonobjekten das, was als Interieur noch erkennbar ist bzw. nicht mehr präsent sein kann, wenn Menschen ihre Häuser verlassen müssen. In der Arbeit „was bleibt “ sind es nur kahle Wände, manchmal mit noch etwas verblichener Farbe, Türen und Fensterrahmen, die nutzlos und gebrochen sind. „Inhalte klären“, offenbart alles, was einmal im Haus war und wahrscheinlich nie wieder seinen Platz darin finden wird. „Schweigen“, ein Kinderbett als Mobiliar, über dem eine dunkle Wolke liegt, lässt Böses ahnen.
Anja Teske zeigt Motive aus der Arbeit „Gäste?“ Es sind Fotografien von Besuchen bei Freunden, oft während des Lockdowns, aber auch fortlaufend. Tische und Stühle werden so angeschaut, als würden Besucher eben gegangen sein oder vielleicht gleich wieder kommen? Der Stuhl, als Gegenstand, ist hier das menschliche Gegenüber. Mich interessiert auch die Räumlichkeit, die durch natürliches und gesetztes Licht entsteht. Führen die Stühle untereinander Zwiegespräche?
Ka Bomhardt zeigt die „Garderobe Balzac“. Ein schlichtes Garderobenbrett zwinkert einer rosa stoffbezogenen Garderobe mit Messinghaken zu. „Garderobe Balzac“ stellt eine Skulptur dar, in der sich ein Begriff selbst begegnet. Die Garderobe, die an der Garderobe hängt führt ihre Funktionalität ad absurdum und spielt mit der Nutzung, sowie mit ihrer zweifachen Begrifflichkeit. Die Verbindung beider zueinander hängt an einem Haken; sie vermittelt ein Verhältnis, das sich zwischen Paradoxon und Tautologie bewegt.